Peter Weismüller (1811-1883)

Peter Weismüller (1811-1883)

Auch der inhaltliche Schwerpunkt meines Web-Books mehr auf dem Goldenen Zeitalter Mettlacher Steinzeugkunst von 1850-1915 liegt, so verdient aber dieser Künstler aus der Anfangszeit des Unternehmens Villeroy & Boch eine genauere Betrachtung.
 
Der im folgenden aufgeführte Lebenslauf stammt zu großen Teilen aus einem Bericht aus der Vereinszeitschrift der Mettlacher Steinzeugsammler von 2010, welchen ich im Villeroy & Boch Unternehmensarchiv in Merzig vorfand (siehe auch u.s. Quellenangabe). Des weiteren entdeckte ich einige interessante Anmerkungen über ihn in einem Büchlein des Mettlacher Keramik Museums aus dem Jahre 2000, die ihn mit der Weltausstellung 1855 in Paris in Verbindung bringen.
 
Johann Peter Weismüller wurde am 24. Juli 1811 als 2. Sohn des Försters Georg Johann Weismüller und dessen Ehefrau Catharina Maria geb. Rheinhard in Mettlach geboren.

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Sein schulischer Werdegang begann zuerst in der Mettlacher Dorfschule, die er 4 Jahre lang besuchte. Danach ermöglichte ihm sein Patenonkel mit gleichem Namen, der in Alsweiler als Pastor tätig war, den Besuch der Stadtschule in St. Wendel. Diese besuchte er ebenfalls 4 Jahre lang.
Über die Kontakte seines Vaters zu Jean Francois Boch erhielt der gerade mal 14 Jahre alte Weismüller 1825 eine Lehrstelle in der Steingutfabrik in Mettlach.
 
1830 dann schickte ihn der Firmenbesitzer zum Stammwerk der Boch's nach Septfontaines in Luxemburg, was dafür spricht, dass er eine gewisse handwerkliche bzw. künstlerische Begabung zeigte, auf den die Firmenleitung aufmerksam geworden war.
 
1832 wurde er dann zum Miltär nach Berlin eingezogen (4. Kompanie des Garderegiments) und war dort u.a. als Ordonanz für den späteren Kaiser Wilhelm I tätig. In seiner Freizeit besuchte er die Berliner Königlich Preußische Akademie der Künste und bildete sich weiter.
 
Nach seine militärischen Dienstzeit in Berlin nahm er seine Arbeit in der Mettlacher Steingutfabrik wieder auf und setzte dort seine auf der Berliner Akademie erworbenen Kenntnisse effektiv ein. Als Entwerfer und Modelleur arbeitete mit den verschiedensten Werkstoffen (Steingut, Steinzeug, Terrakotta und Parian) und formte aus ihnen kleine Eierbecher bis hin zu lebensgroßen Statuen. Auf Messen und Gewerbeausstellungen vertrat er die Firma Villeroy & Boch, teilweise mit eigenen Exponanten.
Am 6. September 1837 heiratete er die 19jährige Magaretha Kewenig, die Tochter des Kaufmanns Anton Kewenig (1785-1860) und Ehefrau Maria Anna Balle (1782-1849) aus Merzig. Aus der Ehe gingen insgesamt 5 Kinder hervor.
 
Im weiteren Verlauf seine Berufslebens wurde er oftmals geehrt, so z.B. auf der Wiener Weltausstellung 1873 wo er die Kaiserlich Österreichische Medaille für besondere Mitarbeiter der Aussteller oder am 13. Juni 1880 den "Kronen Orden" 4. Klasse vom Deutschen Kaiser Wilhelm I verliehen bekam.
 
Hervorzugeben war sein stets leidenschaftlicher und unermüdlicher Arbeitseifer sowie seine Genauigkeit in der Fertigung seiner Modelle. Außerdem hatte Weismüller eine großen Anteil an der Ausbildung zahlreicher Fachkäfte, die es dem Unternehmen Villeroy & Boch erlaubte, mit Galanteriewaren (alte Bezeichnung für modische Accessoires) aus Steinzeug den Markt mit günstigen Preisen zu beliefern. Bei Vorgesetzten und Arbeitern galt der Modelleur aufgrund seiner Redlichkeit als geschätzte Persönlichkeit. Wegen seiner Verdienste für das Unternehmen hatte Villeroy & Boch ihm eine lebenslange Pension für den Fall seines Ausscheidens aus dem Dienst zugesprochen.
 
Im Jahre 1880 nahm Peter Weismüller nach 55 Arbeitsjahren seinen Abschied aus dem Arbeitsleben. Auch privat zog er sich zurück. So legte er u.a. auch seine Ehrenämter in der Mettlacher Feuerwehr (dessen Hauptmann er 46 Jahre lang war) und den des Vorstehers der Antonius Bruderschaft (30 Jahre lang Mitglied) ab. Das einzige Amt, das er noch ausübte, war die Stelle als Konservator für das Mettlacher Keramik Museum.
 
Am 17. August 1883 verstarb er nach kurzer Krankheit im Beisein seiner Familie in seinem Wohnhaus in Mettlach. 4 Jahre später, am 09. März 1887 folgte ihm dann seine Frau Magaretha (siehe auch Eintrag aus dem Familienstammbuch von Mettlach in der u.a. Bildergalerie).
 
Seine von ihm entworfenen Werke hatte er leider nicht signiert, so dass sein Name heute keinem mehr bekannt ist. Der auf dieser Seite abgebildete Prunkkrug mit der Formnummer #330 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit von ihm entworfen worden.
 
Ich hoffe, dass durch dieses Web-Book ein wenig dazu beigetragen werden kann, dass sein Name auch bei zukünftigen Generationen nicht in Vergessenheit gerät.
Verwehrte Ehrung von Peter Weismüller auf der Weltausstellung von Paris 1855
 
Kaiser Napoleon III bestimmte mit Dekret vom 10. Mai 1854 "Die Werksmeister und Arbeiter, welche wegen der Dienste, die sie denjenigen Gewerbezweigen, in welchen sie arbeiten, oder wegen der Verdienste der Teilnahme an der Hervorbringung socher Gegenstände, welche Belohnungen verdienen, vorgeschlagen sind, können auf Antrag der Preisgerichte der 27 ersten Klassen von der Jury (...) eine derjenigen Auszeichnungen erhalten, welche im Artikel I benannt sind."  ... Gemeint waren hier die 4 Auszeichnungen (Gold- , Silber- und Bronzemedaille und ehrenvolle Erwähnungen).
 
Villeroy & Boch schlug am 18. September 1855 über ein Schreiben (mit Verweis auf das kaiserliche Dekret) an den in Paris weilenden preußischen Ausstellungskommissar (Georg von Viebahn) vor, dass der Modelleur der Mettlacher Fabrik Peter Weismüller für seine Leistungen einer Auszeichnung würdig ist. Die Firma wies im genannten Schreiben ausdrücklich darauf hin, dass Weismüller einen großen Teil der auf der Weltausstellung gezeigten Produkte selbst modelliert hat.
 
Leider wurde aus der Auszeichnung nichts. Ohne Prüfung des Sachverhaltes wurde der Antrag der Firma Villeroy & Boch von preußischen Regierungskreisen am 20. Oktober 1855 abgelehnt. In der Begründung hieß es lapidar, dass die Arbeiter und Werksmeister durch ihre Entlohnung der ausstellenden Firmen bereits ausreichend gewürdigt seien ...
 
Wenn man sich aber die Argumentation der Ablehnung etwas genauer anschaut, so fällt einem jedoch die politische Dimension auf, die dieser Fall hatte. Wörtlich heißt es "(...) Außerdem erschien es vom politischen Standpunkte aus für die Preußische Staatsregierung keineswegs wünschenswerth, (...) eine Anzahl von den dem Preußischen Arbeiterstande angehörigen Individuen mit französischen, mit dem Bildniß des Kaisers Napoleon versehenen Preismedaillen (...) auszeichnen zu lassen".
 
Hier kommt die Rivalität der preußischen und französischen Regierung deutlich zum Vorschein, die letztlich 15 Jahre später (1870/71) zum Deutsch-Französischen Krieg führte.
 
Schade nur, dass dadurch verdienten Mitarbeiter ihrer möglichen Auszeichnung beraubt wurden.

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