Villeroy und Boch Mettlach Handelsmarken / Stempel

Mettlacher Markierungssystem 

Als wichtigste Handelsmarken (Stempel Verzeichnis / Markenzeichen / V&B Stempel) in dem goldenen Zeitalter der Mettlacher Keramik kann man die Turmmarke (= Prägemarke) und die Merkurmarke (= Stempelmarke) ansehen. Daneben gibt es auch sogenannte Reliefmarken (aufgesetzte Markensymbole, siehe u.s. Galleriebilder), die vor 1880 eingesetzt wurden.

Die Turmmarke symbolisiert den Alten Mettlacher Turm aus dem 11. Jahrhundert. Der Stempel wurde 1883 eingeführt.

Die Merkurmarke zeigt den geflügeten Kopf des Merkurs mit zwei von Schlangen umringten Stäbe über dem Banner Villeroy & Boch. Merkur wird als Gott des Handels bezeichnet. Dieser Stempel wurde vom Unternehmen beim Kaiserlichen Patentamt am 18. März 1876 als Merkurstempel angemeldet, nachdem in Deutschland am 30. November 1874 ein Markenschutzgesetz verabschiedet wurde, welches am 01. Mai 1875 in Kraft trat.

In den V&B Manufakturen Mettlach, Bonn, Dresden, Saargemünd, Schramberg, Septfontaines, Torgau und Wallerfangen wurde der Stempel in verschiedenen Farben und unterschiedlichen Zusätzen verwendet. 

Turm- und Merkurmarke wurden auf dem Boden (Krug) / Rückseite (Wandteller) entweder eingeprägt (= Prägemarke) oder aufgestempelt (= Stempelmarke). 

Es ist aber auch nicht ungewöhnlich, hin und wieder einen Krug ohne Stempel zu finden (vor allem die sehr frühen Krüge um 1860) oder einen Wandteller, dessen Merkur Stempel aus Tinte im Laufe der Jahrzehnte nur noch als farbiger Fleck zu erkennen sind. Es sind jedoch Ausnahmen. Letztlich läßt sich aber Mettlacher Keramik auch ohne Stempel gut erkennen.

Bei den meisten Umdruck-, Rookwood- und auch einigen Delft- und Fayence-Artikeln wurde neben der Formnummer eine Dekornummer aufgestempelt oder gemalt. Vor der Nummer wurden hin und wieder der Buchstabe "D" oder die Kombibation "DEC" gesetzt, was die Bezeichnung für "Dekor (Englisch Decor)" darstellen soll. Meistens ist es aber lediglich eine 3-4 stellige Zahl.

Villeroy & Boch markierte im Gegensatz zu vielen anderen Keramik-Herstellern seine Produkte sehr sorgfältig. So lassen sich bei den meisten Erzeugnissen die Formnummer (Muster- oder auch Seriennummer genannt)  und das Herstellungsjahr sehr gut ablesen. Aber auch Informationen zur Größe, des Dekors (in der Regel bei Umdruck, Delft, Fayence und Rookwood) und eine Qualitätskontrollnummer wurden abgebildet.  

In einigen Fällen findet man eine goldene oder schwarze Malernummer, eine Prüfungsmarke (%) und eine P(robe)-Markierung.

Wenn der Begriff "Made in Germany" abgebildet ist, so kann man davon ausgehen, dass das Produkt für den Export (in der Regel in die USA) vorgesehen war.

Es gibt eigentlich nur wenige Mettlachartikel, die nicht mit einer Marke versehen sind. In der Regel waren dies Dekorartikel mit einem Herstellungdatum >= 1900 oder Relief-Produkte die (wie bereits erwähnt) um 1860 hergestellt wurden. Ein anderes Beispiel sind Produkte, die vorgefertigt wurden und auf Bestellung dann in der Regel individuell, sozusagen nach dem Geschmack des Kunden, dekoriert wurden.

Ich selbst besitze eine schöne Prunkvase aus dem Zeitraum von 1900-1920, die aus der Serienfertigung von Villeroy & Boch Mettlach stammt und die vom damaligen Leiter der Mettlacher Zeichenschule, Peter Winkel, bemalt und signiert wurde. Die 60cm große Vase (eigentlich eine Amphore) hat keine Herstellermarke bekommen und ist nur über die Signatur des Malers eindeutig dem Mettlacher Unternehmen zuzuordnen.

Mettlacher Turmmarke

Auf dem folgenden Bild sind die wichtigsten Symbole bei der Verwendung der Turmmarke kurz erklärt. Sie sind entweder auf dem Boden (bei Krug, Vase, Bowle ...) oder auf der Rückseite (bei Wandtellern) aufgebracht und werden auch bei der Merkurmarke angewendet.

 

Turm Symbole

 

Die Formnummer ist entweder 3- oder 4-stellig als arabische Zahl abgebildet und in der Regel auch in den von Villeroy & Boch veröffentlichen Katalogen zu finden.Goldmark

Die Jahreszahl der Herstellung ist im rechten Bereich der Markierungen eingeprägt und ist in der Regel 2-stellig. Lediglich für einen kurzen Zeitraum wurde auch der Monat der 2-stelligen Jahreszahl vorangestellt. Diese Art der Datierung kann man sowohl bei Artikeln mit der Turm- als auch Merkurmarke finden.

Wenn die Dekoration eines Kruges Goldmalerei aufwies, so wurde oft die Nummer des Goldmalers in der Regel in Goldschrift auf den Krugboden geschrieben (siehe Abbildung rechts). Diese Malernummern existieren auch in anderen Schriftfarben.

Meistens wurde als Turmmarke die Version verwendet, die von 1885 - 1930 mit eingeprägtem Banner im Einsatz war. Eigentlich sind es 2 verschiedene Marken, die Turmmarke und das Banner.

Die Firma Villeroy & Boch brachte im Laufe der Jahre viele Variationen dieser Turmmarke heraus, welche sich in der Form des Alten Turmes und der Größe des Banners unterscheiden.

Es heißt, dass man mit den unterschiedlichen Darstellungen die Arbeiten der einzelnen Töpfer genauer bestimmen wollte, was aber nicht belegt ist.

Auch heute ist die Turmmarke noch im Gebrauch, unterscheidet sich aber deutlich von der damals genutzten Form.

Besonders die Erzeugnisse mit einem P oder PROBE sind sehr begehrt bei Sammlern, da diese Vorserien-Produkte oft (geringfügig) in Farbe und ggf auch Dekor vom Original abweichen (= Probe-Brand) und deshalb sehr selten wenn nicht sogar echte Unikate sind.

Dieses "P" kann sowohl aufgemalt / aufgestempelt als auch eingeprägt sein. Bei Produkten mit dem eingeprägten "P" fehlt in der Regel die Formnummer bzw. die weiteren Kennzeichnungen. Artikel mit dem aufgemalten / aufgestempelten "P" bzw. "Probe" wiederum tauchen (so mein bisheriger Kenntnisstand) stets mit weiteren Markierungen auf.

Mettlach-Artikel mit eingeprägten "P" werden üblicherweise höher bewertet als Artikel mit aufgemalten / aufgestempelten "P". Dies liegt daran, dass für diese Produkte eine spezielle Form erstellt werden mußte, die das "P" bereits beim Erstellen des Rohlings (über Schlickerguss) aufbrachte. Denke mal, dass dabei auch Alternativen der Keramikform vor der Serienfertigung ausprobiert wurden. Bei den aufgemalten / aufgestempelten "P" konnte ich bisher (wenn überhaupt) nur Abweichungen in der Farbgebung feststellen.

 

Update-Anfang vom 15.03.2022

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Wieder einmal ein Rätsel in der Produktion von Villeroy & Boch, zu dem ich folgendes anmerken kann.

Die hier abgebildete Produktionsnummer #1470 gehörte zu einer balusterförmigen Vase, die 1894 bereits nicht mehr im Produktionsprogramm enthalten war und möglicherweise schon früher aus dem Programm gestrichen wurde. Es konnte in der Zwischenzeit nachgewiesen werden, dass Modellnummern von ausgelaufenen Objekten/Serien nach einer gewissen Zeit (wenigstens 10 Jahre später) wieder eingesetzt wurden. Ich könnte mir vorstellen, dass Anfang des 20. Jahrhunderts diese Nummer für diese Vase vergeben, aber dann wohl doch nicht in die Produktion aufgenommen wurde. In Serie ging diese Vase unter der Produktionsnummer #7003 als Phanolith-Produkt.

Update-Ende vom 15.03.2022

 

Darstellung von eingestempelten Jahreszahlen

Rechteck um JahreszahlVon 1883 bis 1887 wurden die Jahreszahlen (wenn diese aufgeführt wurden) auf dem Krugboden 2stellig (nur die Jahreszahl) mit einem Rechteck versehen (siehe auch o.s. Abbildung).

Ab 1888 fiel dieses Rechteck weg und es wurde nur noch die 2stellige Zahl benutzt. Dabei bedeutet z.B. 95 die Jahreszahl 1895 und 00 die Jahreszahl 1900.

 

Bestimmung des Entstehungsjahres eines Mettlach-Artikels aus den Formnummer

Wenn Mettlacher Artikel sich gut verkaufen ließen, so hatte man diese in der Regel auch sehr lange (oft mehrere Jahrzehnte) im Produktionsprogramm.

Robert D. Wilson aus den USA (auch "the Mettlachman" genannt) hat eine Formel generiert, mit der man ungefähr das Entstehungsjahr eines Mettlach-Artikel bestimmen konnte, d.h. das Jahr, in dem das Produkt zum ersten Mal in der Fabrik produziert wurde.

Formel: F + 1/3F + 65 (wobei F = (Formnummer / 100) ist)

Beispiel:

  • die Formnummer 1200 ergibt --> 12 + 1/3*12 + 65 = 16 + 65 = 81 und damit das Entstehungsjahr 1881
  • die Formnummer 3088 ergibt --> 31 (aufgerundet) + 1/3*30 + 65 = 41 + 65 = 1906

Mettlacher Merkurmarke

Unter dem sogenannten Rollwerk-Banner mit der Inschrift "Villeroy & Boch" der Merkurmarke befinden sich 2 Halbkreise (es soll auch welche mit 4 Halbkreisen geben), in den der Name "Mettlach" bogenförmig (andere Villeroy & Boch Fabriken haben hier andere Städtenamen stehen) eingetragen ist. Daran schließt sich ein gezackter Halbkreis an, der mit 10-13 Punkten besetzt ist.

Und genau diese Punkte stellen den Code für die Datierung dar, den ich im folgenden näher erläutern möchte:

Merkurmarke ohne Code-Datierung

Wenn eine Merkurmarke mehr als 10 Punkte unter dem gezackten Bogen enthält oder etwas anderes anstelle der Punkte aufgeführt ist (z.B. das Copyright "GESCHÜTZT" oder auch "GESETZTLICH-GESCHÜTZT" und bei den Exportprodukten "Reg. U.S. Pat. Off."), dann codiert die Marke keine Datierung.

 

Merkurmarke mit Code-Datierung

Die folgenden Beschreibungen sollen den Regelfall bei der Anwendung dieser Codierung wiedergeben. Ich kenne aber auch Fälle, in denen eine Zuordnung nicht möglich ist oder sogar die Code-Datierung nicht zu der zusätzlich eingeprägten 2stelligen Jahreszahl paßt. 

  • Datierung ab 1870 bis 1889 mit dem 13-Zackensystem: Bei weniger oder gleich 10 Punkten, aber 13 Auszackungen, sollte man die Anzahl der vorhandenen Punkte zu der Jahreszahl 1870 addieren, um das Produktionsjahr zu erhalten. Wenn einige Auszackungen und Punkte fehlen, dann bedeuten die Punkte 1 bis 9 von rechts gelesen, jeweils die Jahreszahl 1881 - 1889.
  • Datierung ab 1890 bis 1909 mit dem 10-Zackensystem: Wenn beim 10-Zackensystem alle 10 Punkte an den Zacken stehen, meint man damit die Jahre 1890 und 1900 (nicht unterscheidbar). Ansonsten bedeuten in der Regel die Punkte von rechts nach links gelesen, die Jahreszahlen 1891-1899 und von links nach rechts gelesen 1901 bis 1909. Es gibt aber auch Ausnahmen von dieser Regel. Denke mal, dass es einfach nur Anwendungsfehler waren, da diese relativ selten vorkommen. Für 1910 gibt es gar keine kodierte Merkurmarke.    

 

Merkurmarke von 1921-1956

Von 1921-1935 wurde unter den Punkten der Merkurmarke in der Regel der Zusatz "Made in Saar-Basin ( Sarre-Basin / Sarre -Bassin ) aufgeührt. Dies trägt dem besonderen Status des "Saargebietes" nach dem 1. Weltkrieg Rechnung, welches von 1920-1935 vom Deutschen Reich abgetrennt war und unter der Hoheit des Völkerbundes (siehe auch Versailler Vertrag Artikel 45-50) stand.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Zusatz wiederum geändert und hieß dann von 1947-1956 "Made in France-Saar - Economic Union" bzw. "Frabriqué en Sarre", da das Saargebiet (und damit auch Mettlach) bis zum Saarstatut unter der Verwaltung der französischen Regierung stand.

Mettlach Dekornummern

Anhand der verwendeten Dekornummer lassen sich Rückschlüsse auf den Zeitraum bzw. Jahr der ersten Nutzung auf Mettlacher Produkten vornehmen. Denn auch diese wurden (wie die Formnummern) fortlaufend numeriert.

Um so kleiner die Zahl für das zugeordnete Dekor in einem 1000er Intervall (1-999, 1000-1999, usw.) ist, um so Älter dürfte in etwa dessen Einsatz in der Produktion gewesen sein (so meine Theorie). Wie lange die Dekore dann wirklich eingesetzt wurden, kann ich zukünftig nur anhand von Beispielen genauer untersuchen können.

Im folgenden habe ich mal grob die Zuordnung von Dekornummern-Intervallen zu dem wahrscheinlichen Zeitraum/Jahr der Erstnutzung aufgeführt. Die Liste ist aber nicht vollständig und mit Sicherheit noch verbesserungswürdig!

Dekornummern 80-565        --> 1881-1910 

Dekornummern 566-736      --> 1886-1893

Dekornummern 737-940      --> 1893-1894 (Serie mit militärischen Motiven)

Dekornummern 941-16xx    --> 1895-1931

Dekornummern 5000-5444  --> 1893-1908

Dekornummern 6000-6087  --> 1895-1912

Dekornummern 6100-6149  --> 1902 (bei Rookwood Produkten eingesetzt)

Dekornummern 7200-7202  --> 1909

Dekornummern 8000-8033  --> 1909-1910

Dekornummern 9000-9044  --> 1910-1911

Faenza                              --> ~ 1912 (es wurden keine Dekornummern verwendet sondern gab den Artikeln Namen) 

Codierungssystem der Merkurmarke bei Villeroy & Boch Wallerfangen (Vaudrevange) von 1881-1889

Auch wenn dieses Web-Book sich ausschließlich mit der Mettlacher Keramik beschäftigt, so möchte ich trotzdem aufgrund der Nähe zu der Villeroy & Boch Produktionsstätte in Wallerfangen kurz auf die dort verwendete Merkurmarke eingehen.

Diese wurde ab 1876 in Wallerfangen eingesetzt und war bis ~1893 in schwarzer Farbe ausgeführt. Danach wurde sie auf Anordnung vom Wallerfangener Direktor Richard als Fabrikmarke nur noch in brauner Farbe genutzt.

Der Wallerfangener Merkurstempel hat in seiner Maximalausprägung 13 Zacken. 

Weist der Stempel zwischen 10 und 13 Zacken auf, so ist keine Jahreszahl ablesbar und man kann die Keramik nur durch weitere Merkmale dann zwischen 1876 und 1931 zeitlich bestimmen. 

Für den Zeitraum von 1881 - 1889 und weniger als 10 Zacken, kann man bei der Nutzung des Stempels eine gewisse Systematik bei der Anordnung der Zacken feststellen. 

Hat der Stempel z.B. 1, 3, 5, 7 oder 9 Zacken (ungerade Anzahl), so sind diese in der Mitte des Stempel-Halbkreises angeordnet. Bei gerader Anzahl von Zacken (2. 4. 6 oder 8) werden die Zacken rechts und links vom Halbkreis platziert

2 Beispiele dazu habe ich in den folgenden Bildern aufgeführt. 

 

 

Im folgenden sind beispielhaft einige Mettlacher Marken mit Datierungscode oder eingeprägter Jahreszahl aufgeführt.

 Merkurmarke mit Datierung

 

 

Im folgenden sind beispielhaft einige Wallerfangener Marken mit Datierungscode aufgeführt.

  Stempel Wallerfangen Stempel Wallerfangen 1

 

Weitere genutzte Mettlacher Relief-, Präge- und Stempelmarken (zur Vergrößerung bitte auf das Symbol klicken!)

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