Georg Christian Warth (1836-1890)

Georg Christian Warth (1836-1890)

Georg Christian Warth war einer der großen Künstler-Namen in Mettlach und jedem Mettlach-Sammler dürfte dieser Name bekannt sein. Sein Talent für klares Design und hohe künstlerische Ausdruckskraft, die sich u.a. in der Lebendigkeit der dargestellten Figuren und Landschaften widerspiegeln, machen seine Werke unverkennbar.

Auf die Stilentwicklung der Mettlacher Erzeugnisse hatte Christian Warth mit anderen Künstlern wie Heinrich Schlitt, Fritz Quidenus, R. Fournier und Franz von Stuck zusammen einen großen Einfluß und förderte das Ansehen der Firma Villeroy & Boch. Für viele Sammler ist er der talentierteste Modelleur und Keramiker, der jemals in Mettlach gearbeitet hat.

Warth wurde am 21. April 1836 um sieben Uhr morgens in Birkenfeld (kleine Stadt im Hunsrück, Rheinland-Pfalz) geboren. Er war der Sohn vom Wagner (Stellmacher) und Bauunternehmer Christian Warth, geboren am 10. April 1811 und seiner Ehefrau Dorothea Charlotte Warth, geborene Haas, die am 07. Oktober 1813 geboren wurde. Die Eheschließung ist auf den 27. Februar datiert. Der Name Warth kommt bereits 1650 nach Birkenfeld, was sich auch nachweisen läßt.

Christian Warth unterstützte seinen Vater bei dessen Geschäften, der u.a. auch mit keramischen Produkten der Firma Villeroy & Boch handelte. So kam er bereits in jungen Jahren mit den Produkten seines zukünftigen Arbeitgebers in Berührung und es ist zu vermuten, das diese Tätigkeit für seinen Vater seine Entscheidung beeinflußte.

Am 05. November 1851 trat er als 15-Jähriger im Unternehmen Villeroy & Boch in Mettlach eine Lehre zum Modelleur / Zeichner an. Nach etwa 3 Jahren beendete er erfolgreich seine Ausbildung und wurde anschließend in die Kunstabteilung versetzt. Unter der Leitung von Peter Weissmüller und August Kunz arbeitete er dort als Entwerfer für Umdruckdekore und als Modelleur für die Steinzeug-Produktion.

Am 30. Oktober 1860 heiratet er in Wadern die 18jährige Maria Barbara Krug, die Tochter des Kerzenmachers Johann Martin Krug aus Dagstuhl. Die kirchliche Hochzeit war mit einigen Problemen Stilverbunden, da Warth eine andere Konfession (evangelisch) hatte als seine Braut (katholisch). Nur über einen Dispens, der vom Bischof in Trier erteilt wurde, war die Hochzeit möglich geworden. Aus der Heiratsurkunde ist zu entnehmen, dass Warth in Mettlach lebte und dass er von Beruf "Zeichner" wäre.

Aus der Ehe gingen 2 Töchter hervor, Beata Maria Christina Dorothea (geb. am 25. August 1861 in Mettlach, gest. ???) und Katharina Amalia (geb. am 03. April 1863, gest. am 02. März 1950 in einem Damenstift in Boppard (Sterbeurkunde Nr. 32/1950 Standesamt Boppard)).  Katharina Amalia war verheiratet, hinterließ aber keine Nachkommen.

Unglücklicherweise starb die Ehefrau Barbara von Warth im Kindbett nach der zweiten Geburt. Ein schwerer Schicksalsschlag für ihn und man geht davon aus, dass er die Arbeit für ihn eine Möglichkeit war, seinen Schmerz zu verarbeiten. Gerade in dieser Zeit entstanden von ihm viele hervorragende Parian Figuren, die oft eine traurige, melancholische Stimmung vermitteln, was vielleicht auf seinen damaligen Gemütszustand schließen läßt.

1865 durfte er mit Genehmigung der Geschäftsleitung von Villeroy & Boch eine längere Studienreise durchführen, die ihn nach Italien (Rom) führte. Hier konnte er unter anderem neue Techniken kennenlernen, die später bei Villeroy und Boch zum Einsatz kamen.

Dazu gehörte z.B. das Piedra dura (italienisch = harter Stein), auch als "Florentiner Mosaik" bezeichnet, die Kunst der Verlegung von Bildern und Ornamenten aus Plättchen, die man aus harten Steinsorten auswählte (Achat, Chalcedon, Perlmutt, Koralle, Jaspis und Lapis lazuli). Anders als bei der klassischen Mosaikkunst aus bunten Würfeln bzw. Stiften, verwendet das Piedra-dura-Verfahren genau angepasste Formstücke. Fertige Mosaiken werden spiegelglatt geschliffen. So entstehen besonders widerstandsfähige, dauerhaft dekorative Oberflächen.

Zurück von seiner Studienreise unterstützte Warth die Firma Villeroy & Boch Mettlach bei der Vorbereitung der Weltausstellung (01. April - 03. Novermber 1867) in Paris. Viele Ausstellungsgegenstände (insbesondere die Parianfiguren, ein feines, widerstandsfähiges Steinzeug (ähnlich dem Porzellan), was auch für das spätere Phanolith verwendet wurde) wurden nach senen Entwürfen gefertigt.

Die Pariser Weltausstellung 1867, an der damals immerhin die Teilnahme von 32 Ländern mit 52.200 Ausstellern und 9.238.967 Besucher umfasste,  wurde ein großer Erfolg (mehrere Auszeichnungen) für die Firma Villeroy & Boch. Warth hatte mit seinen künstlerischen Werken einen großen Anteil daran.

 

Als im Jahre 1870 das französische Kaiserreich dem Nachbarland Preussen den Krieg erklärte, kam die Produktion in Mettlach teilweise zum Erliegen. Warth nutze diese Zeit und übertrug das in Italien kennengelernte Piedra-dura-Verfahren in die Herstellung von "echtem Chromolith", ein von Villeroy & Boch beprägter Name. Dazu wurde farbiger Schlicker in eine Form eingelegt, um ein hochdetailliertes Design zu bilden. Die eingekerbten Linien, die die Farben separierten, wurden vor dem ersten Brennen mit einem Kontrastton gefüllt. Dadurch erhielt man eine glatte Oberfläche, ähnlich wie beim Piedra-dura-Verfahren und der Emailmalerei.

Stil11873 konnten die ersten Kunstwerke (Krüge, Kannen, Wandteller und Vasen) in dieser neuen Technik auf der Weltausstellung in Wien (1. Mai - 02. November), die die Teilnahme von 35 Ländern, 53.000 Ausstellern und 7.255.000 Besucher umfasste, gezeigt werden. Auch diesmal wurden die gezeigten Produkte ein großer Erfolg und bedeutete für die Firma Villeroy & Boch u.a. der Durchbruch auf dem amerikanischen Markt.

In einem amtlichen Bericht über die Wiener Weltausstellung 1873 (Quelle: Bd.2, Braunschweig 1894, S. 446) wurde Christian Warth als "Wichtiger Mitarbeiter von Villeroy & Boch in Mettlach" in seiner Rolle als Modelleur der Chromolithwaren und Zeichner von Entwürfen erwähnt. 

Da die Produktionskosten dieser echten Chromolithwaren sehr hoch waren, wurde nur eine geringe Stückzahl angefertigt. Aus diesem Grunde wurde 1879 deshalb (nach langer Experimentierphase, die von Christian Warth federführend begleitet wurde) eine neue Herstellungstechnik eingeführt, die die Produkte in die Gewinnzone brachten und eine Serienproduktion erlaubte. Diese neue Technik hatte mit dem ursprünglichen "echten Chromolith" nicht viel gemein. Die Firma entschloss sich aber trotzdem den Produktnamen "Chromolith" beizubehalten.

Im Laufe der Zeit avancierte Warth im Unternehmen bis zum Leiter der Kunstabteilung und entwarf viele, wunderschöne Steinzeugprodukte, wie etwa den 7 Liter Krug mit der Formnummer #1161 (der teuerste Krug, den Mettlach bisher hergestellt hatte) und einige prächtige, über 70cm hohe Vase mit den Formnummern #1354 und #1491.

Es ist bekannt, dass er noch ein zweites Mal heiratete, aber auch diese Ehe war nicht von langer Dauer. Bereits einige Jahre nach der Vermählung starb auch seine zweite Frau.

Wahrscheinlich war das auch Grund dafür, dass er 1884 von Mettlach nach Berlin zog, um seiner geliebten Tochter Amalia (die dort lebte) nahe zu sein. Er bezog in der Klopstrasse 52 einen Neubau im damaligen Künstlerviertel Hansaplatz.

In Berlin konnte er für die Firma Villeroy & Boch  weiter arbeiten, die ihm in der Kurstrasse 43 ein eigenes Studio einrichtete. Er schickte in den darauffolgenden Jahren noch regelmäßig Entwürfe und Muster nach Mettlach.

1890 erlitt Warth einen Schlaganfall, der ihn zum Pflegfall machte und von dem er sich nicht mehr erholte.

Er verstarb am Freitagmorgen, dem 28. März um 05:15 Uhr 1890 in der Wohnung seiner Tochter Amalia, die durch ihre Heirat den Namen "Schmidt" angenommen hatte.

Beerdigt wurde er am Montag, den 31. März um 15:30 Uhr. Sein Grab ist heute leider nicht mehr erhalten.

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Christian Warth schuf für Mettlach Krüge, Becher, Kannen, Punchbowlen und andere Ziergegenstände. Sogar Terrakotta-Produkte hatte er in Mettlach (später wurde die Terrakotta-Produktion nach Merzig verlagert)  entworfen. Die Dekorationen der von ihm geschaffenen Produkte zeigen Elemente der Gotik, der Renaissance und der Romantik. Die Motive sind Darstellungen aus dem Volks- und Studentenleben als auch aus der religiösen und mythologischen Welt.

Seine Werke sind von dem damaligen Zeitgeist stark geprägt. Das Aufblühen eines starken Nationalbewußtseins im Zeitalter der Romantik, die u.a. auch die Hinwendung zur deutschen Geschichte bedeutete, schlägt sich in den künstlerisch gestalteten Erzeugnissen Warth's nieder. Die Welt der Ritter, die von vielen als Symbol einer vergangen, glorreichen Zeit angesehen wird, findet ihren Weg in das Leben der Studenten und mancher fröhlicher Trinkszenen.

Wie bei vielen anderen Künstlern der damaligen Zeit, hat sich auch Christian Warth mit den Veränderungen in der Kunst beschäftigt und versucht sich der Entwicklung anzupassen. So findet man in seinen Werken, die er am Ende seines Schaffens erstellt, bereits Andeutungen des gerade aufblühenden Jugendstils.

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Einige Werke seines Schaffens für Villeroy & Boch Mettlach, die man ihm mit großer Wahrscheinlichkeit auch ohne Signatur zuordnen kann, sind mit ihren Formnummern im folgenden aufgelistet

Krug / Bierkrug / beer stein

#1148, #1159, #1161, #1162, #1163, #1164, #1396, #1403, #1471, #1494, #1498, #1507, #1512, #1527, #1536, #1641, #1642, #1644, #1645, #1690, #1721, #1723, #1724, #1725, #1732, #1733, #1734, #1741, #1742, #1756, #1757, #1759, #1794, #1795, #1796, #1819, #1830, #1915, #1916, #1932, #1940, #1941, #1949, #1986, #2054, #2231

Wandteller / plaque / plate

#1044/1205, #1044/1206, #1108, #1168, #1411, #1424, #1425, #1473, #1474, #1488, #1489, #1607, #1651, #1652, #3099/1173

Bowle / bowl

#1859

Vase

#1354, #1491

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