Mettlach - Faszination für Sammler
Das goldene Zeitalter Mettlacher Steinzeugkunst erstreckt sich von etwa 1885 bis 1910 und dies ist auch genau die Zeit, die Sammler in aller Welt besonders interessiert und was auch der thematische Schwerpunkt dieses Web-Books ist.
Hinter dem Begriff "Mettlacher Waren" steht der Weltkonzern "Villeroy & Boch", der bis heute in Mettlach seine Hauptverwaltung hat. Und der Begriff "Mettlach" steht damals wie heute als Synonym für exzellente Qualität und gute Werterhaltung (vorausgesetzt die Nachfrage wird auch zukünftig durch neue Mettlach-Sammler gewährleistet! -- siehe dazu auch "Wert einer Mettlach-Keramik").
Nun darf man nicht glauben, dass es sich bei "Mettlach" um einen Ort mit besonderen Attraktionen handelt. Wer das sucht, wird als Besucher dieser relativ kleinen Lokation (etwas mehr als 3000 Einwohner) zuerst einmal enttäuscht sein.
Der Kern der Ortschaft besteht aus ein paar einfachen Restaurants, Hotel, Bäckerei und was man sonst noch als lebensnotwendig einstuft. Der Rest sind Verkaufstellen (sog. Outlet-Center) von Villeroy & Boch, in denen recht preisgünstig (2. Wahl) vieles aus dem Sortiment der Firma (Geschirr, Gläser ...) angeboten wird.
Wer aber Ruhe sucht und die umgebende idyllische Landschaft genießen möchte, der kommt hier voll auf seine Kosten.
Mettlach liegt direkt an dem Fluß "Saar" im Bundesland "Saarland", nahe der luxemburgischen bzw. französischen Grenze (im sogenannten Dreiländereck) und auch nahe des Naturwunders "Saarschleife", das saarländische Wahrzeichen überhaupt.
Diese läßt sich seit Juli 2016 über einen 1.250 Meter langen Pfad mit spektakulärem Aussichtsturm, dem Baumwipfelpfad Mettlach Saarschleife, bestaunen. Eine einzigartige, ganz neue Perspektiven auf diese einzigartige Landschaft.
Doch was macht nun die Mettlach Produkte aus dieser Zeit so interessant für Sammler? ... Es sind die besonderen Eigenschaften der Produkte, die fast alle mit einer Hersteller-Marke (alter Mettlacher Turm oder Merkur), Form- und oft auch Dekornummer versehen sind. Damit lassen sie sich leicht identifizieren und eine Fälschung ist in der Regel so gut wie ausgeschlossen, da eine Nachahmung auf Grund der äußerst aufwendigen Herstellungsverfahren zu kostenintensiv wäre. Dies gilt vor allem für die teueren Chromolith- und Phanolith-Waren.
Ich habe mal gelesen, dass Villeroy & Boch viele der damaligen Produkte (insbesondere die Chromolith Bierkrüge, Wandteller und Vasen) zu Preisen verkaufen mußte, die teilweise kaum die Produktionskosten deckten. Andererseits waren dies aber oft auch reine Prestige-Produkte, die man gerne auf den grossen Weltausstellungen zeigte und damit die herausragende Leistung des Unternehmens demonstrieren wollte. Und wenn man nun betrachtet, dass z.B. ein großer Bierkrug (wie z.B. der 7 Liter Krug vom Mettlacher Künstler "Christian Warth" mit der Formnummer #1161) damals über 50 Mark gekostet hat und dies mit dem damaligen Jahressold eines einfachen preußischen Soldaten von ~200 Mark in Relation setzt, so kann man leicht verstehen, dass sich die Mehrheit der Menschen aus dieser Zeit die höherpreisigen Mettlach-Waren gar nicht leisten konnte.
Andererseits darf man nicht vergessen, dass es sich bei Mettlach-Keramiken (wie auch bei anderen Herstellern dieser Zeit) um industrielle Massenware handelt (im Gegensatz zu den rein handgefertigten Keramiken früherer Epochen,). Man nutzte moderne Herstellungsverfahren (z.B. Gussformen anstatt Töpferscheiben, Umdruckdekore anstatt Handmalerei usw.), um Produktionskosten zu sparen und möglichst viel an Produkten einer breiten Masse zugänglich zu machen.
Deshalb sind die meisten Mettlacher Produkte aus dem 1900 auch als reine Gebrauchsware zu verstehen, die viel produziert wurde und von denen es noch vieles heute zu kaufen gibt.
Ein Sammler schaut natürlich zuerst eínmal auf die Beschaffenheit der Keramik, ob sie ihm in der Form und Farbgestaltung gefällt. Genau so wichtig ist aber auch, dass man das Gefühl hat, etwas besonderes zu besitzen, was nicht jeder in seiner Vitrine stehen hat. Deshalb konzentriert man sich als Sammler auch mehr auf die Mettlacher Keramiken, die wenig verkauft wurden und deshalb heute relativ selten zu haben sind.
Dies sind in der Regel die Keramiken, die als reine Zierobjekte hergestellt wurden und die aufgrund ihrer aufwendigen Herstellung und des damit verbundenen hohen Kaufpreises nicht zum Gebrauch gedacht waren. Diese wurden (wie bereits erwähnt) durch das Unternehmen selbst auf den großen Weltausstellungen gezeigt oder verschwanden in der Vitrine eines stolzen Käufers.
Die Mehrzahl der Mettlacher Keramiken ist aber eher nicht selten (besonders die Relief- und Umdruckprodukte), die jedem für ein paar "Groschen" zugänglich waren. Diese Produkte findet man heute in Massen in den Auktionen bekannter Online-Dienstleister und sind für wenig Geld zu haben.
Niemand weiß jedoch genau, wie viele Produkte in dieser Zeit in Mettlach produziert wurden. Es dürfte aber eine große Anzahl gewesen sein, wenn man berücksichtigt, dass zu Hochzeiten der Produktion Ende des 19. Jahrhunderts über 1200 Arbeiter in Mettlach (Faiencerie und Mosaikfabrik) beschäftigt waren.
Es gibt über die damals produzierten Mettlach Produkte durchaus gute, auf dem Markt erhältliche Bücher mit Kopien aus früheren Produkt- und Preis-Katalogen. Doch ob diese vollständig sind, mag ich zu bezweifeln, da u.a. bei einem Grossbrand im Jahre 1921 ein Großteil der damaligen Muster, Formen und Aufzeichnungen verbrannt sind. Deshalb braucht man sich nicht zu wundern, dass es Mettlacher Produkte aus der damaligen Zeit gibt, die plötzlich im Internet angeboten werden, die aber in keinem mir bekannten Katalog aufgeführt sind. Aber gerade das macht das Sammeln dieser Objekte auch wieder besonders reizvoll!
Fest steht, dass viele der Mettlach Produkte von damals nicht in Deutschland verkauft wurden, sondern ihren Weg über den Teich nach Amerika (USA) fanden. Und wenn man betrachtet, dass Europa nach der hier betrachteten Mettlach Ära von 2 Weltkriegen heimgesucht wurde, kann man sich leicht vorstellen, dass viele dieser Kostbarkeiten zerstört wurden. Zeitzeugen aus der damaligen Zeit haben berichtet, dass es für manche Soldaten der damaligen Siegermächte im 2. Weltkrieg eine große Genugtuung war, mit dem Maschinengewehr in Vitrinen von besetzten Häusern zu schießen. Das dabei nicht viel heil blieb, kann man sich vorstellen.
In den USA hingegen wurde damals, noch zusätzlich unterstützt durch die damaligen Ausstellungen in Philadelphia (1876) und Chicago (1893), eifrig gekauft und gesammelt und wenn man den Markt genau betachtet, so stellt man leicht fest, dass die meisten, schönsten, unversehrtesten und seltensten Mettlach Produkte in den USA und nicht bei uns zu finden sind.
Weltausstellung Chicago anno 1893
Aber für Sammler mehr interessant ist heute die Frage, wieviele dieser herrlichen Produkte überhaupt noch (unversehrt) zu haben sind. Der Großteil der antiken Mettlacher Produkte sind eher nicht sehr selten und insbesondere die Teile, die damals relativ günstig waren (z.B. Relief- und Umdruckwaren) und den damaligen Zeitgeschmack trafen, wurden viel verkauft, oft über einen langen Zeitraum hinweg.
Andere Produkte, die entweder zu hohen Kosten produziert wurden (in der Regel viele der Chromolith Waren) aber auch Produkte, die vom Aussehen her nicht den damaligen Zeitgeschmack trafen, sind heute oft nur in geringen Stückzahlen auf dem Markt zu finden. Und so kann es durchaus sein, dass ein damals recht unscheinbarer und wenig veräußerter Bierkrug heute gute Preise erzielen kann.
Interessant für viele Sammler sind Paare und Sets von Mettlach-Artikeln, die es zu allen möglichen Herstellungstechniken (Relief, Chromolith, Phanolith, Umdruck...) gibt. Nicht selten wurden bestimmte Krüge so dekoriert, dass sie zueinander paßten (z.B. die Schlitt-Krüge mit den Formnummern #2133 und #2134). Aber auch eine Kombination von verschiedenen Warentypen (z.B. ein Wandteller hat dasselbe Motiv wie ein Krug oder eine Vase) wurde sehr häufig produziert. Als Sammler ist es nun eine besondere Herausforderung, ein möglichst vollständige Kombination zu bekommen.
In der Regel haben Paare und Sets eine fortlaufende Nummerierung. Es gibt aber auch Beispiele (siehe Buchkrug = Book Stein), die neben der Formnummer #2001 einen Großbuchstaben (A, B, C ...) zur weiteren Kennzeichnung haben. Dies macht es ziemlich einfach, ein komplettes Set zusammen zu stellen. Aber was wäre eine Regel ohne Ausnahme. So gibt es durchaus auch Fälle, in denen bei Paaren / Sets eine fortlaufende Nummerierung nicht eingehalten wurde (z.B. beim Krug #3043 und #2024). Diese Unterschiede kamen oft dadurch zustande, dass man sich erst später für die Bildung eines Paares / Sets entschied und die eigentlich fortlaufende Nummerierung nicht mehr möglich war (weil die Nummer bereits für ein anderes Stück vergeben worden war).
Man darf nicht erwarten, dass man einen alten (seltenen) Mettlach Krug oder - wertvollen Wandteller bei jedem Antiquitätenhändler geschweige denn auf einem Flohmarkt findet. Diese leidvolle Erfahrung habe ich auch machen müssen. Ich weiß gar nicht mehr, wieviele Antik- und Trödelmärkte meine Frau und ich in ganz Deutschland und Elsass/Lothringen besucht haben. Selbst auf dem Nürnberger Trempelmarkt (der größte Antik- und Flohmarkt in Deutschland) konnte ich gerade mal 2 einfache Mettlacher Reliefkrüge finden, die dann noch weit über dem Marktwert angeboten wurden. Ich habe diese Art von Suche mittlerweile ganz aufgegeben.
Deshalb sollte man generell schon wissen, wo man sucht. Das Internet hat mit Sicherheit über die Sammlerbörsen und Auktionsplattformen dabei geholfen, dass sich heute Verkäufer und Käufer von Mettlach Produkten viel einfacher finden können, was auch die Anzahl des Besitzerwechsels stark beeinflußt hat.
Trotzdem ist es nur eine relativ kleine Gruppe von Händlern und Sammlern, die den Markt beherrschen.
Wenn man beim Sammeln nur hin und wieder etwas kauft und bei den Objekten keine Schwerpunkte bzgl. Typ und Zustand setzt, so kann man heute relativ schnell eine große Sammlung aufbauen. Da reicht das Internet als Quelle durchaus aus. Schwieriger wird es aber, wenn man sich spezialisiert, eine bestimmte Strategie fährt (z.B. das Sammeln eines bestimmten Künstler oder Produktionstechnik, einer besonderen Größe oder ein bestimmtes Motiv). Dann wird man um einen erfahrenen und zuverlässigen Händler und/oder Sammler nicht herum kommen.
Mettlacher Kataloge
Es gibt auf dem Markt eigentlich nur ein Standardwerk, welches eine umfangreiche Zusammenstellung aus alten Mettlacher Katalogen und Preislisten darstellt und den Titel "Mettlacher Steinzeug 1885 - 1905" trägt. Es wurde von Frau Dr. Therese Thomas (ehemalige Leiterin des Mettlacher Keramikmuseums) und Anton Post aus Saarwellingen verfasst und im Dezember 1975 veröffentlicht. Dieses zweisprachige Buch (deutsch / englisch) enthält über 2000 Abbildungen und ist ein untentbehrliches Nachschlagewerk für jeden Mettlachsammler auf der Welt.
Im Einzelnen sind folgende Übersichtskataloge (Sammlerkataloge) / Preislisten von Bierkrügen - Wandtellern - Vasen - Bowlen usw. veröffentlicht
* den kompletten Katalog von 1885 (Abbildung und Preisliste)
* Steinzeug-Artikel der Kataloge von 1890 und 1894, soweit diese 1885 noch nicht hergestellt wurden
* den kompletten Katalog von 1899
* Nachtrag 1 zum Katalog von 1899 (Nachtrag 2 fehlt)
* Nachtrag 3 zum Katalog von 1899
* Preisverzeichnis aus dem Jahre 1905 mit Ergänzungen bis 1911
* Abbildungen mit Preisverzeichnis der Altfränkichen und Delfter Artikel aus den Jahren 1893-1898
* Abbildungen und Preisverzeichnis der Ausschmückungs-Gegenstände von 1897
Es darf einen aber nicht verwundern, dass man ggf Mettlacher Keramik findet, welches nicht in diesen Katalogen abgebildet ist. Oft sind dies Artikel, die nur für kurze Zeit in der Produktion waren und bei der Erstellung der Kataloge bereits aus dem Programm genommen wurden. Andererseits könnte es aber auch sein, dass man nicht alle Kataloge der damaligen Zeit kennt. Insbesondere kann es Sonderauflagen gegeben haben, die in besonderen Verkaufsprospekten angeboten wurden und von denen kein Exemplar mehr existiert.
Ab 1894 sind in den Katalogen erstmals Krüge mit Deckel abgebildet. Diese Deckel (einfache oder zierreiche Zinndeckel oder Keramikeinlagen) mußten extra bestellt werden, da zu einem Krug oft eine größere Auswahl von Deckeln zur Verfügung stand. Auch Krüge ohne Deckel wurden verkauft. Ob ein Krug ohne Deckel verkauft wurde oder der Deckel aufgrund einer Beschädigung irgendwann mal entfernt wurde, kann man leicht an der Abnutzung am Henkel erkennen, wo man einst den Halter des Zinndeckels montiert hatte.